Sozialarbeit im Bagdad Compound

Klinikbau in Livingstone

geschrieben von Sambia FV am: 10 May 2023

Zusammenfassung

Im ländlich geprägten Distrikt Livingstone gibt es erhebliche Defizite in der medizinischen Versorgung, besonders im Bereich Mutter-Kind-Gesundheit. Dem Bedarf entsprechend wird zur besseren medizinischen Versorgung von Livingstone Stadt (200.000 Einwohner) und Livingstone Land (800.000 Einwohner) in Ergänzung zum einzigen bisherigen staatlichen Krankenhaus vom 1.7.2023 bis 31.12.2025 eine neue Klinik erbaut, die komplementär mit dem bisherigen zusammenarbeiten wird. Das 1,5 ha große Baugrundstück liegt zentral in der Stadt und befindet sich im Besitz unseres Partners Chreso Ministries. In dem einstöckigen Neubau wird auf 540 m² Nutzfläche überwiegend ambulant behandelt. Ein Schwerpunkt wird auf Entbindungen liegen, einschließlich Vor- und Nachsorge. Die Entbindungen erfolgen, wie in Sambia üblich, ebenfalls ambulant. Es werden nur 10 stationäre Betten eingeplant. Zusätzliche Behandlungsschwerpunkte der Klinik werden Gynäkologie, Pädiatrie, Allgemeinerkrankungen und Diagnostik sein. Das nötige Personal wird ausgebildet, bzw. beschafft. Der Bau ist so konzipiert, dass das Krankenhaus in einem zweiten Schritt erweitert werden kann, insbesondere für Innere Medizin mit Bettenhaus, operative Chirurgie und weitere Abteilungen. Eine benachbart liegende Ambulanz wird im Rahmen des jetzigen Projektes umgebaut und auch für das neue Krankenhaus genutzt. Es wird ein Krankenhausfahrzeug angeschafft. Im Rahmen eines dezentralen Projektarmes werden in 10 umgebenden Ortschaften Stützpunkte gebildet, an denen Selbsthilfegruppen installiert werden und ambulante Behandlungen einschließlich Gesundheitsaufklärung stattfinden. Es werden Community Health Workers ausgebildet, die diese Gruppen leiten und dabei Helfer aus den Ortschaften mit einbeziehen. Traditionelle Geburtshelferinnen werden im Rahmen des Projektes fortgebildet und in die Lage versetzt, Entbindungen unter Beachtung von Hygiene und Fachkenntnissen zu begleiten. Ab 2026 wird es 90 Angestellte für die verschiedenen Arbeitsbereiche geben, das Krankenhaus wird sich überwiegend aus Leistungen der in Sambia inzwischen vorhandenen Pflicht-Krankenversicherung finanzieren.

Ausgangssituation, Problemdarstellung

Seit mehr als 10 Jahren kennt Chreso den Standort Livingstone in der Patientenversorgung durch Betrieb einer großen HIV/AIDS Ambulanz in Livingstone Stadt, auch durch regelmäßige Hausbesuche im Compound von Livingstone und in Dörfern im Umfeld. Dabei wurde immer wieder die Erfahrung gemacht, dass sowohl die medizinische Versorgung im Distrikt Livingstone unbefriedigend ist, als auch, dass häufig einfache Maßnahmen zur Krankheitspävention in der Bevölkerung nicht ausreichend bekannt sind. Genauso stieß man immer wieder auf die Tatsache, dass nicht ausreichend Kapazitäten für hygienische Entbindungen bereitstehen

Ist schon die perinatale Kindersterblichkeit mit 62 pro 1000 Geburten landesweit hoch (im Distrikt Livingstone soll sie noch deutlich höher liegen), so imponiert auch eine sehr hohe Müttersterblichkeit mit 224 pro 100.000 Geburten. Trotzdem beträgt die Geburtenrate 5,7 Kinder pro Frau, Empfängnisverhütung wird nicht einmal von der Hälfte der Frauen praktiziert. Die Geburtenrate pro Jahr ist mit 42 Lebendgeburten bei 1000 Einwohnern ebenfalls im Landesdurchschnitt sehr hoch. Wenn man bedenkt, dass in den Städten durch Aufklärung die Situation deutlich besser ist, kann man damit rechnen, dass im ländlich geprägten Livingstone Distrikt die Zahl der Geburten deutlich über 50 / 1000 Einwohnern liegen wird.

Das einzige Krankenhaus für Livingstone Stadt und Land zählt etwa 15 Entbindungen pro Tag. Bei dem Einzugsbereich von etwa 1 Million Einwohnern sind aber über 100 Entbindungen pro Tag zu erwarten. Das deckt sich mit unseren Beobachtungen, dass die meisten Entbindungen im häuslichen Umfeld mit nur mangelnden Kenntnissen der werdenden Mütter und deren Helferinnen stattfinden. Hinzu kommt, dass viele Mütter durch zusätzliche Krankheiten geschwächt sind wie Malaria, AIDS, Diarrhoe, Unterernährung, Tuberkulose.

In Sambia ist es üblich, dass Entbindungen – wenn nicht zu Hause – im Krankenhaus ambulant stattfinden. Die jungen Mütter werden 6 bis 12 Stunden nach der Entbindung wieder in ihren häuslichen Bereich entlassen. Da das Krankenhaus in Livingstone ständig überlastet ist, kommen viele Mütter erst gar nicht zur Entbindung, um dort nicht lange warten zu müssen. Wir erwarten durch unser Projekt eine deutliche Entlastung des staatlichen Krankenhauses, dies sehen auch die Verantwortlichen in dieser Klinik so. Wir werden die Struktur des neuen Krankenhauses so organisieren, dass Frauen dort ohne lange Wartezeiten behandelt werden, und zwar, ohne ein weiteres Krankenhaus zu benötigen, dies ist unser Anspruch. Auch sollen die Frauen nach der Entbindung genug Zeit haben, bevor sie wieder gehen müssen. Sollte doch einmal wegen einer Komplikation eine stationäre Behandlung notwendig werdenden, werden diese Patientinnen auf die eigene stationäre Abteilung aufgenommen. Die Zahl der geplanten Betten kann jederzeit erweitert werden, wenn der Bedarf entsprechend besteht.

Nach der vorliegenden Statistik der gesamten Südprovinz (darin enthalten Livingstone Distrikt) mit insgesamt 1,8 Millionen Einwohnern aus „National Demographic an Health Survey – 2020“ liegt die Rate der Behörden-Anmeldungen von Kindern nur bei 8%, unter 5 Jahren sogar nur bei 5%. Dies ist auch ein Indiz, dass den meisten Müttern keine fachkundigen geburtsbegleitenden Informationen vorliegen, denn bei Entbindungen im Krankenhaus liegt diese Rate deutlich höher. Unser Projekt soll auch den Begleiteffekt haben, dass der Anteil der Behördenanmeldungen der Neugeborenen steigt. Dies unterstützt die Behörden bei einer guten Versorgung der Bevölkerung.

Nach der Statistik gehören zu den 9 häufigsten Krankheiten im Projektbereich Malaria, Diarrhoe, Atemwegskrankheiten, HIV, STI (durch Sex übertragene Krankheiten), Tuberkulose und Harnwegsinfekte. Alle diese Krankheiten sind für Schwangerschaft und Entbindung problematisch. Leider beeinflussen Zauberei und Tradition im Distrikt Livingstone Schwangerschaft und Entbindung häufig negativ. So lehrt die Tradition, dass Frauen in der Schwangerschaft anfälliger für böse Mächte sind und dass dies durch Meiden bestimmter (nahrhafter) Nahrungsmittel verbessert werden kann. Dies bewirkt leider oft das Gegenteil. Wir glauben, dass durch Aufklärung und eine gute Geburtsvorbereitung  auch unter diesem Aspekt die Mutter-Kind-Gesundheit erheblich profitieren wird. Im Distrikt Livingstone geht deutlich weniger als die Hälfte der jungen Mütter zur Geburtsnachsorge. Sambia ist eines von 22 afrikanischen Ländern mit der höchsten Unterernährungsbelastung für Kinder unter 5 Jahren. Bei 54% der Kinder unter 5 Jahren liegt ein Vitamin A Mangel vor, bei 53% eine Anämie. Auch hierin sehen wir ein Argument für die Stärkung der Mutter-Kind-Gesundheit durch unser Projekt.

Das einzige Krankenhaus in Livingstone hat 325 Betten mit den Abteilungen Innere, Chirurgie, Gynäkologie, Onkologie, Kinderabteilung, Psychiatrie, Augenkrankheiten, Zahnmedizin. Überwiegend wird ambulant behandelt, insgesamt etwa 400 ambulante Behandlungen pro Tag. Gynäkologie und Geburtshilfe 50 -60 pro Tag, Mutter-Kind Vor- und Nachsorge ca 50/Tag, Entbindungen erfolgen ambulant, allgemeinmedizinische Ambulanz 100 – 150 Patienten pro Tag. Insgesamt gibt es eine große Überlastung. Seit Jahren gibt es Pläne, ein zweites staatliches Krankenhaus in Livingstone zu bauen, was aus Kostengründen immer wieder aufgegeben wurde. Livingstone Stadt hat etwa 200.000 Einwohner, der ländliche Einzugsbereit etwa 800.000 Bewohner. Außer der Geburtshilflichen Ambulanz des Krankenhauses Livingstone und den TBA’s (traditionelle Hebammen) in den Dörfern gibt es keine weiteren Einrichtungen für die Mutter-Kind-Gesundheit in Livingstone Stadt und Land.

Die Prioritätenliste des sambischen Gesundheitsministeriums für weitere medizinische Einrichtungen in den Distrikten Livingstone, Kazungula, Choma und Kalomo beginnt mit: Geburtshilfe und Gynäkologie, Mutter-Kinder-Nachsorge einschließlich Impfungen, Diagnostik mit Sonografie, Röntgen u.a.

PDF DATEI - Bilder und Pläne der neuen Klinik in Livingstone

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